Neues aus Sportdeutschland
„Sport muss für jedes Kind in Deutschland Teil des Aufwachsens sein“
Der DOSB hat zehn Forderungen an die neue Bundesregierung aufgestellt - und wir untermauern diese in den Wochen des Bundestagswahlkampfs und der anschließenden Koalitionsverhandlungen mit der Unterstützung von Testimonials aus dem Leistungssport, um anhand von Beispielen aus der Praxis deutlich zu machen, was diese Forderungen dem organisierten Sport bedeuten. Der Link zu allen zehn Forderungen findet sich am Textende. In Folge 6 geht es um Spiel und Sport.
Es mag keine neue Erkenntnis sein, dass sich Perspektiven verändern, wenn das Leben von eigenen Kindern bereichert wird. Und trotzdem staunt Laura Ludwig noch immer fast jeden Tag darüber, wenn sie mit dem natürlichen Bewegungsdrang ihrer Söhne Teo (6) und Lenny (2) konfrontiert wird. „Kinder haben ja ein ausgeprägtes natürliches Bewegungsbedürfnis. In unserer Familie kann ich das absolut bestätigen“, erzählt die Beachvolleyball-Olympiasiegerin von 2016. Im Garten ihres Hauses in einem Hamburger Vorort haben ihr Mann Imornefe Bowes und sie extra ein Klettergerüst aufgestellt, um den Jungs zusätzliche Abwechslung zu bieten und ihnen Sicherheit im Umgang mit dem eigenen Körper zu vermitteln. „Ich freue mich jedes Mal, wenn ich sehe, wie kreativ sie dabei sind. Wenn Teo und Lenny die Wahl haben, ob sie drinnen oder draußen spielen, dann ist die Antwort klar, und das bei jedem Wetter.“
Bundestagswahl - Neue Chance für den Sport ergreifen
In der Demokratie sind Wahltage auch gleichzeitig Feiertage. Nach in diesem Falle wochenlangem Wahlkampf hat der Souverän, die wahlberechtigte Bevölkerung in unserem Land, gesprochen. Mit mehr als 80 % Wahlbeteiligung wurde der höchste Wert seit der Wiedervereinigungswahl 1990 erreicht. Wir haben diesmal eine echte Wahl gehabt, und immerhin haben sich mehr als drei Viertel der Wählerinnen und Wähler für demokratische Parteien entschieden. Verglichen mit Zahlen im europäischen Ausland, von der Wahl des Populisten Donald Trump zum US-Präsidenten ganz zu schweigen, ist unser Land noch einmal davongekommen.
Umso mehr bedeutet dieses Wahlergebnis einen Arbeitsauftrag an die demokratischen Parteien der Mitte von in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland kaum gekannten Dimensionen. Heute vor drei Jahren begann Russland den Angriffskrieg gegen die Ukraine. In einer globalen Welt mit neuen Spielregeln - siehe Gespräche der USA mit Russland über die Ukraine und Europa -, einer inzwischen im dritten Jahr hartnäckig anhaltenden wirtschaftlichen Rezession und einer in der Breite der Gesellschaft angekommenen und von Sorgen und Ängsten geprägten Stimmung muss der nächsten Bundesregierung ein substanzieller Turnaround gelingen. Es gilt, verlorenes Vertrauen bei den Menschen in unserem Land zurückzugewinnen und den Vormarsch der Populisten zu stoppen.
Gelingen dürfte dies wohl nicht ohne klare Einschnitte beim Status Quo, einem Tabu für die Bundesregierungen der vergangenen Jahrzehnte. Wie auch immer die zukünftig regierenden Parteien das Land wieder auf Kurs bringen wollen, für mich ist eines klar: Wir müssen die Spaltung in unserer Gesellschaft überwinden, und dafür benötigen wir Optimismus und das ehrenamtliche Engagement von Menschen für die Gemeinschaft. Eine schier unerschöpfliche Quelle für beides ist der Sport in Deutschland. Mehr als 28 Millionen Mitgliedschaften in unseren Sportvereinen sprechen für sich.
Um die Unterstützung dieser Menschen für den notwendigen Turnaround zu gewinnen, ist es Aufgabe der zukünftigen Bundesregierung, einige wenige Weichen zu stellen. Mit einer Bundesmilliarde pro Jahr zur Ertüchtigung unserer in die Jahre gekommenen Sportanlagen und Schwimmbäder können wir sukzessive den Sanierungsstau abbauen und die Zukunft unserer Gesellschaft sichern. Mit der Unterstützung einer Austragung Olympischer und Paralympischer Spiele ab Ende des nächsten Jahrzehnts ließe sich ein nachhaltiger Motor für Innovation, Zusammenhalt und Fortschritt anwerfen. Und mit einer Ansiedlung des Sports im Kanzleramt böte sich die Chance, die unvergleichlichen Potenziale des Sports noch besser zu heben.
Der organisierte Sport in Deutschland unter dem Dach des DOSB ist mit seinen 86.000 Vereinen einmal mehr bereit, gesellschaftliche Verantwortung zu übernehmen. Wir sind der größte Anbieter für Gemeinschaft und Lebensfreude in Deutschland. Bald werden wir sehen, ob die zukünftigen Koalitionäre diese Chance für unsere Gesellschaft ergreifen. Ein überschaubares Invest in den Sport bringt große gesellschaftliche Rendite!
Sportpolitisches Highlight 2025: Frankfurt ist Gastgeber der EOC-Vollversammlung
Die Öffentlichkeit wird wenig davon mitbekommen, schließlich werden keine Medaillen vergeben oder sportliche Höchstleistungen präsentiert. Aus sportpolitischer Sicht allerdings ist das anstehende Wochenende einer der wichtigsten Termine des Jahres für den Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB). Wenn von Donnerstag bis Samstag die Spitzen der Nationalen Olympischen Komitees Europas zur Generalversammlung (GA) im Marriott Hotel Frankfurt Messe zusammenkommen, ist der DOSB zum ersten Mal seit 2007 – damals war es das European Athletes Forum in Stuttgart – wieder Gastgeber für eine Großveranstaltung des Zusammenschlusses der European Olympic Comitees (EOC). „Wir haben einige Jahre sicherlich zu wenig auf dieser Ebene gemacht und wollen uns wieder mehr einbringen“, sagt DOSB-Präsident Thomas Weikert, „deshalb freuen wir uns sehr, diese Generalversammlung in Frankfurt durchführen zu dürfen!“
Welchen Stellenwert das EOC genießt, ist vielen im Sport tätigen Menschen noch nicht so geläufig, vielleicht weil dessen Entstehung einst schwierig war. Nachdem 1967 erstmals die Idee aufgekommen war, die Anliegen der nationalen Sportverbände unter einem europäischen Dach zu bündeln, dauerte es weitere acht Jahre, bis man sich in Lissabon unter den Namen Association of European National Olympic Comitees (AENOC) schriftliche Statuten gab. 1995 wurde der Name in EOC geändert, 2014 kam mit dem Kosovo der 50. und bislang letzte Mitgliedsverband dazu. 2015 fanden in Aserbaidschans Hauptstadt Baku erstmals die European Games statt, das Pendant zu Meisterschaften anderer Kontinentalverbände, die damit allesamt teils weit früher begonnen hatten. Über diese Großevents versuchen sich die Kontinentalverbände eigene Profile zu erarbeiten, was angesichts ihrer „Sandwich-Positionen“ zwischen den NOK und dem Internationalen Olympischen Komitee (IOC) nicht einfach ist.
Die Bedeutung der Generalversammlung, die einmal im Jahr stattfindet, wird jedoch deutlich, wenn man einen Blick auf die Gästeliste wirft. Mehr als 300 Menschen reisen an, darunter auch IOC-Präsident Thomas Bach und alle sieben Kandidat*innen, die Ende März in Griechenland an die Spitze des IOC vorrücken wollen. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) und Hessens Sportministerin Diana Stolz (CDU) werden Grußworte sprechen. Das BMI, das Land Hessen und die Stadt Frankfurt, deren Oberbürgermeister Mike Josef (SPD) am Freitagabend zum Festbankett kommen wird, unterstützen die Veranstaltung auch finanziell. „Die Anwesenheit der Führungsspitze des internationalen Sports unterstreicht, dass die GA ein sehr wichtiger Termin ist“, sagt Katrin Grafarend, beim DOSB Leiterin des Ressorts Internationales und in die Organisation der Versammlung in entscheidender Position eingebunden.
„Die Richtung stimmt, ich schaue mit Optimismus in Richtung der Spiele“
DOSB: Herr Bitterling, mit fünf Medaillen hat das deutsche Team die WM auf Rang vier der Nationenwertung beendet. Was war für Sie die positivere Überraschung dieser Titelkämpfe: Die überragende Performance von Franzi Preuß mit Gold in der Verfolgung, Silber im Sprint und zweimal Bronze in der Mixed- und Single-Mixed-Staffel? Oder der Bronzerang für die Männerstaffel?
Felix Bitterling: Ehrlich gesagt war ich von beidem nicht wahnsinnig überrascht, habe mich aber über beides extrem gefreut. Dass die Franzi in der Lage sein würde, in allen Wettbewerben um Medaillen mitzukämpfen, wussten wir. Dennoch ist es eine herausragende Leistung, es dann auch so abzurufen. Und bei der Männerstaffel war uns das Potenzial ebenfalls bewusst, sie haben es geschafft, ihr Zeug zu machen und gemeinsam eine starke Leistung hinzulegen. Norwegen und Frankreich sind in einer anderen Liga. Bronze war an dem Tag das Maximum, was zu erreichen war, das haben sie erreicht.
In den Einzelwettbewerben waren die Männer weit entfernt von den Medaillen, Rang sieben im Einzel von Philipp Horn war die einzige Top-10-Platzierung. Wie weit entfernt war das vom Maximum, das derzeit möglich ist?
Selbstverständlich können wir mit den Einzelleistungen nicht zufrieden sein. Wir wissen, dass der Wettkampf bei den Männern beinhart ist, die Norweger und Franzosen sind so weit entfernt, dass man sie teilweise mit dem Fernglas kaum noch sehen kann. Dennoch ist das Potenzial im Team vorhanden, es gelingt uns nur leider noch nicht ausreichend, es auch in die Loipe und auf den Schießstand zu bringen.
Bitte wählt, aber demokratisch!
Dazu hat der DOSB Ende vergangener Woche eine Wahlkampagne gestartet, an der sich alle Athlet*innen des Team D und Team D Paralympics beteiligen können. Auch DOSB-Präsident Thomas Weikert ruft dazu auf, die Demokratie zu stärken.