Neues aus Sportdeutschland
Wie kann Sport gegen Einsamkeit wirken?
Einsamkeit ist eine drängende gesellschaftliche Herausforderung mit weitreichenden gesundheitlichen und sozialen Folgen. Mit dem DOSB-Projekt „Fit und verbunden gegen Einsamkeit (FIVE)“ wird seit Anfang des Jahres ein modellhafter regionaler Ansatz zur Prävention und Linderung von Einsamkeit durch Sport erprobt. Die zentralen Elemente: Der Aufbau lokaler Allianzen zur Vorbeugung und Linderung von Einsamkeit und die Umsetzung konkreter (Bewegungs-)Angebote zur Stärkung von Gemeinschaft und Gesundheit. So schafft beispielweise in Berlin die Iranische Gemeinde gemeinsam mit Sportvereinen niedrigschwellige Formate wie Gehgruppen oder Tanzcafés, um Frauen, Jugendliche und Senior*innen mit Zuwanderungsgeschichte in Bewegung und Begegnung zu bringen.
Begleitet wird das Projekt durch eine wissenschaftliche Evaluation mit dem Ziel, Wirkung, Gelingensbedingungen und Potenziale für eine nachhaltige Umsetzung zu analysieren. Der Evaluationsansatz und das Wirkungsmodell wurden kürzlich beim offiziellen Kick-off des FIVE-Projektes im Haus des Deutschen Sports in Frankfurt vorgestellt.
„Ich habe mich wirklich in die World Games verliebt“
DOSB: Birte, deine ersten World Games als Chefin de Mission liegen hinter dir. Was war so wie erwartet und was hat dich überrascht?
Birte Steven-Vitense: Dadurch dass ich schon einige Multisportevents in anderen Funktionen erlebt hatte, war es an vielen Stellen so wie erwartet. Es gibt zwischen den World Games und anderen Sportgroßveranstaltungen grundsätzlich aus organisatorischer Sicht kaum Unterschiede. Es gibt aber immer ein paar Themen, auf die man sich nicht vorbereiten kann, weil sie erst vor Ort entstehen. Deshalb war es wichtig und richtig, dass wir mit einigen Tagen Vorlauf angereist sind, um uns an die Begebenheiten in Chengdu anpassen zu können.
China hat einige Eigenheiten, mit denen man umzugehen hat. Was hast du als die größte Herausforderung empfunden?
Für unsere Sportlerinnen und Sportler war das Klima sicherlich die größte Herausforderung, vor allem, wenn sie Outdoor-Sport betreiben mussten. Das war an mancher Stelle mindestens grenzwertig. Dieses Thema haben wir aber in der Vorbereitung antizipiert und alle Team-D-Mitglieder im letzten Call dafür aus medizinischer Sicht sensibilisiert. Ich persönlich habe das Thema Kommunikation als besonders herausfordernd wahrgenommen. Es gibt in China zwar ausreichend Menschen, die Englischkenntnisse haben, aber nur weil beide Seiten in englischer Sprache kommunizieren, heißt das nicht, dass sie einander auch verstehen. Wenn sich zwei Parteien in einer Fremdsprache unterhalten und es unterschiedliche Kulturen der Kommunikation gibt, gehen Nuancen und Facetten, die wichtig sind, manchmal unter. Ich kann aber sagen, dass beide Seiten stets bemüht waren, Lösungen zu finden, auch wenn das seine Zeit gebraucht hat. Und wir hatten immer großes Vertrauen in unsere Flexibilität und Improvisationskunst.
Das sportliche Abschneiden liegt nicht direkt in deinem Verantwortungsbereich. Dennoch: Wie zufrieden dürfen wir mit der Bilanz des Team D in Chengdu sein?
Vollumfänglich zufrieden! Unser Ziel war, die Position unter den Top drei abzusichern. Das haben wir sowohl im Medaillenspiegel als auch in der Anzahl der gewonnenen Medaillen geschafft. Aber wir schauen nicht nur auf Medaillen. Unsere tiefe Wertschätzung gilt allen, die sich für die World Games qualifiziert und im internationalen Wettkampf gestellt haben, nicht wenige zum ersten Mal in ihrer Karriere. Natürlich gibt es in einem so großen Team mit 212 Athletinnen und Athleten auch Enttäuschungen, weil persönliche Zielstellungen nicht erreicht werden konnten. Da fühlen und leiden wir mit, weil wir die Geschichten der Menschen kennen, die dahinterstehen. Aber alles in allem sind wir als DOSB mit dem sportlichen Abschneiden sehr, sehr zufrieden.
Eine Delegation, die im Ausland antritt, hat immer auch eine Botschafterfunktion. Wie hat das Team D diese aus deiner Sicht in China erfüllt?
Bei den World Games haben wir als DOSB die Sonderrolle, dass nicht wir das Team sportfachlich nominieren, sondern die Weltverbände. Damit sind wir nicht für alle Prozesse zuständig, sondern legen den Fokus auf die Bildung und Unterstützung der deutschen Gesamtmannschaft, dem Team D. Dieses Zusammenspiel mit den anderen verantwortlichen Stakeholdern ist manches Mal eine kleine Black Box und muss immer wieder gut austariert werden. Aber unser Anspruch war, dass wir ein Team bilden, das als Gemeinschaft auftritt. In meiner Wahrnehmung ist uns dies sehr gut gelungen. Wir haben eine sehr sympathische, authentische und leidenschaftliche Seite von uns gezeigt, und diesen Spirit habe ich im gesamten Team wahrgenommen. Darüber bin ich sehr glücklich.
Du hast vor den Spielen gesagt, dass eine Chefin de Mission nur so gut sein kann wie ihr Team, das ihr den Rücken freihält. Welches Zeugnis stellst du dem Funktionsteam aus?
Ich möchte meinem Team von Herzen für den Auftritt danken, den wir hier gemeinsam hingelegt haben. Meiner Meinung nach ist es uns sehr gut gelungen, die vielen kleinen Einheiten, die das große Ganze ergeben, als Team zusammenzubringen. Alle haben sich eingebracht, das hat fantastisch funktioniert und dazu geführt, dass ich mich von meinem Team extrem professionell unterstützt gefühlt habe.
Team D schließt World Games auf Platz zwei im Medaillenspiegel ab
Die 12. World Games im chinesischen Chengdu sind im International Friendship Pavillon feierlich zu Ende gegangen. José Perurena (80), spanischer Präsident der International World Games Association (IWGA), erklärte die Spiele der nicht-olympischen Sportarten um 20.50 Uhr Ortszeit (14.50 Uhr MEZ) offiziell für beendet. Zuvor dankte der Spanier dem Gastgeber für eine ausgezeichnete Ausrichtung und Organisation der Spiele, die mit mehr als 5.000 Athlet*innen als größte Ausgabe in die Geschichte der World Games eingehen.
Mit 17 Gold-, 14 Silber- und 14 Bronzemedaillen belegte Team Deutschland im Medaillenspiegel den zweiten Platz. Damit wurde das vorab ausgegebene Ziel, unter den besten drei Nationen zu landen, souverän erreicht. Nur Gastgeber China, bei seinen Heimspielen mit dem größten Aufgebot angetreten, war besser (36 Gold, 17 Silber, 11 Bronze). „Wir können mit dem sportlichen Abschneiden sehr zufrieden sein“, sagte Olaf Tabor (54), Vorstand Leistungssport im DOSB, „es war klar, dass die Chinesen alles versuchen würden, mit ihrem großen Team Erster zu werden. Wir haben unsere Zielstellung erreicht.“
Ein bisschen mehr Frisbee würde uns allen guttun
Am Ende fehlte dem deutschen Ultimate-Frisbee-Team nicht viel für eine Medaille. Im kleinen Finale um Bronze verlor die Auswahl gegen Frankreich mit 10:13 und musste damit das erste Edelmetall für ein europäisches Team in der World-Games-Geschichte der Trendsportart den französischen Gegenspieler*innen überlassen. „Es war ein Spiel auf Augenhöhe. Wir hatten einige unglückliche Entscheidungen, die dazu geführt haben, dass Frankreich das Spiel nach Hause bringen konnte. Es hat uns auch ein wenig das Glück gefehlt, das ist bitter“, sagte Headcoach Henning Frede nach Spielende. Auch Spielerin Joana Erdmann (31/PTSV Jahn Freiburg) haderte mit der Niederlage: „Das Spiel hätten wir gewinnen können.“
In der Vorrunde hatte Team Deutschland mit Siegen gegen Gastgeber China und Japan überzeugt und dem späteren Goldmedaillengewinner USA bei der knappen 12:13-Niederlage alles abverlangt. Trotzdem reichte es „nur“ zum vierten Rang. Ein starkes, aber auch frustrierendes Ergebnis. „In den entscheidenden Spielen haben wir es nicht ganz geschafft, unsere Topleistung abzurufen, das macht den Unterschied auf diesem Niveau aus“, resümierte Erdmann.
Fairness als Grundprinzip
Dass die deutsche Mannschaft trotz verpasster Medaille den Spirit-Award, eine Art Sonderpreis für das fairste Auftreten, gewann, zeigt die besondere Bedeutung des Fairplays im Ultimate. Nach jedem Spiel bilden beide Teams gemeinsam einen Kreis, bedanken sich und sprechen wertschätzend übereinander. „Es gehört dazu anzuerkennen, dass das andere Team gewonnen hat. Auch wenn es nach Niederlagen schwerfällt, der Respekt gegenüber dem Gegner ist fest in unserer Sportkultur verankert“, so Erdmann. So gibt es neben dem Teamkapitän auch einen Spirit-Captain, der stets das faire Verhalten seiner Mitspieler*innen im Blick hat.
Karlsruhe und die IWGA unterzeichnen „Organizers Agreement“
Welches Stündlein ihm und seiner Stadt geschlagen hatte, das war Frank Mentrup durchaus bewusst, und er freute sich darüber. „Die Zeit läuft ab jetzt, wir können uns von nun an voll in die Vorbereitungen stürzen“, sagte der Oberbürgermeister von Karlsruhe, nachdem er am Samstagabend auf dem Deutschen Empfang bei den World Games in Chengdu gemeinsam mit José Perurena, dem spanischen Präsidenten der International World Games Association (IWGA), das „Organizers Agreement“ unterschrieben hatte. In vier Jahren ist die 300.000-Einwohner-Stadt in Baden-Württemberg Gastgeberin der Weltspiele der nicht-olympischen Sportarten, und nicht allein wegen der vollkommen unterschiedlichen Ausmaße im Vergleich zu der chinesischen Megacity, die auf einer Fläche der Größe Schleswig-Holsteins 22 Millionen Menschen Wohnraum bietet, werden es 2029 andere Spiele werden.
Ob besser oder schlechter, das spielte am Samstag wahrlich keine Rolle. Zunächst waren alle Parteien glücklich, in Chengdu ein herausragend organisiertes Event erlebt zu haben, das – so sagten es auch viele der Athletinnen und Athleten aus dem Team D, die der Einladung ins Shunxing-Teehaus gefolgt waren – neue Maßstäbe gesetzt hat. „Es wäre falsch, sich mit Chengdu zu vergleichen“, sagte Olaf Tabor, „wenn wir die Spiele in vier Jahren auf einem Level mit den Chinesen ausrichten können, wären wir sehr glücklich.“ Der Vorstand Leistungssport im DOSB hatte der Vertragsunterzeichnung als Co-Zeichner beigewohnt und sich in den Tagen zuvor einen Überblick über die Organisationsstärke der Chinesen verschaffen können. „Vor allem die unglaubliche Zahl an Hilfskräften, die sie aufbieten können, ist überwältigend“, sagte er.